
Einleitung
Estland, Lettland und Litauen sind kleine Staaten mit großer strategischer Bedeutung. Sie liegen an der Ostflanke der NATO und grenzen direkt an Russland und Belarus. Der Krieg in der Ukraine wirft erneut die Frage auf: Ist ein Krieg im Baltikum ein realistisches Szenario?
Sicherheitsexperten in Europa warnen zunehmend vor dieser Gefahr. So sagte Nico Lange, ehemaliger Stabschef im deutschen Verteidigungsministerium:
„Russland bereitet sich nicht nur auf einen langen Krieg in der Ukraine vor. Es testet auch die Reaktionsfähigkeit der NATO – auch im Baltikum.“
NATO-Gipfel 2025: Neue Verteidigungsoffensive
Beim NATO-Gipfel in Den Haag am 25. Juni 2025 trafen die Mitgliedstaaten eine wichtige Entscheidung. Sie wollen ihre Verteidigungsausgaben bis 2035 auf 5 % des BIP erhöhen. Das zeigt, wie ernst die Bedrohung wahrgenommen wird.
Die neue Zielmarke teilt sich wie folgt auf:
- 3,5 % für Truppen, Ausrüstung und Einsätze
- 1,5 % für Investitionen, etwa in Cyberabwehr und Infrastruktur
Dadurch will die NATO glaubwürdige Abschreckung zeigen und klare Handlungsbereitschaft demonstrieren.
Deutsche Geheimdienste schlagen Alarm
Auch Bruno Kahl, Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), äußerte sich besorgt. Russland modernisiere seine Rüstungsindustrie mit hoher Geschwindigkeit. Er geht davon aus, dass Moskau in fünf Jahren militärisch zu neuen Aktionen fähig sein könnte.
Kahl warnte außerdem vor hybriden Bedrohungen. Dazu gehören Cyberangriffe, Desinformation und gezielte Provokationen an den Außengrenzen. Besonders gefährdet sei der Suwałki-Korridor, der das Baltikum mit dem restlichen NATO-Gebiet verbindet.
Das Baltikum bereitet sich vor
Die baltischen Staaten reagieren entschieden. Sie erhöhen ihre Verteidigungsausgaben und investieren in Infrastruktur.
Konkret bedeutet das:
- Ausbau der Baltic Defence Line entlang der Grenze zu Russland und Belarus
- Modernisierung ihrer Armeen
- Engere Zusammenarbeit mit NATO-Partnern
- Ausbau des Zivilschutzes und Krisenvorsorge für die Bevölkerung
Diese Schritte sollen ihre Sicherheit stärken und die Abschreckung verbessern.
Ist ein offener Konflikt unvermeidbar?
Ein groß angelegter Angriff ist derzeit unwahrscheinlich. Dennoch sind sogenannte Grauzonen-Bedrohungen bereits Realität. Sabotage, Fake News und Destabilisierungsversuche nehmen zu.
Diverse Studien – etwa von RAND, Chatham House oder der Bundeswehr-Universität – warnen davor, dass Russland politische Schwächen innerhalb der NATO ausnutzen könnte.
Nico Lange betont:
„Es reicht nicht, einen großen Krieg zu verhindern. Wir müssen auch kleine, verdeckte Angriffe ernst nehmen. Sonst können sie sich zu etwas Unumkehrbarem entwickeln.“
Fazit
Ein Krieg im Baltikum ist nicht unausweichlich. Doch die Bedrohung ist real. Sie darf nicht unterschätzt werden.
Die NATO setzt auf stärkere Verteidigung. Die baltischen Staaten handeln entschlossen. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für gemeinsame Vorbereitung. Denn glaubwürdige Abschreckung braucht militärische Stärke und politischen Willen – beides zusammen.